1930–2020: Sean Connery ist tot (2024)

Seine Paraderolle wurde ihm jedenfalls nicht geschenkt: Connery musste sich zunächst gegen Bond-Autor und „Snob“ Ian Fleming durchsetzen. Fleming hätte lieber einen „Mann von Format“ in der Rolle seines Erfolgsagenten 007 gesehen, David Niven oder Cary Grant, und nicht einen schottischen TV-Darsteller, der aus der Arbeiterklasse stammte. Connerys Vater war Lkw-Fahrer, seine Mutter Putzfrau gewesen und Connery selbst, geboren am 25. August 1930, hatte seine Familie in frühen Jahren mit Jobs als Milchlieferant und Bademeister unterstützt. Und so einer sollte nun den weltgewandten Verführer geben?

In einem TV-Interview, das der britische „Express“ zitierte, sagte Connery 2008: „Man stellte mich Fleming lange nicht vor, und ich wusste, dass er mit mir nicht einverstanden war. Ich habe erfahren, dass er mich anderen gegenüber als ‚überschätzten Stuntman‘ bezeichnet hat. Als ich ihm schließlich persönlich begegnet bin, habe ich ihn als interessanten und gebildeten Snob erlebt. Mit der Betonung auf Snob.“

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TV-Hinweis

Der ORF ändert kurzfristig sein Programm und zeigt am Sonntag um 22.30 Uhr in ORF1 „James Bond – 007 jagt Nr. No."“

Schottische Wurzeln für Mister Bond

Doch der „Snob“ irrte. Der damals 32-jährige Connery, den man anderen Darstellern vorgezogen hatte, weil er günstig zu haben war, machte das Bond-Projekt zum Welterfolg. Nach der Premiere des ersten Films, „James Bond – 007 jagt Dr. No“ (1962) akzeptierte Fleming Connery nicht nur, er integrierte dessen Biografie sogar in seinen nächsten Roman, „Man lebt nur zweimal“, in dem er Bond schottische Vorfahren verpasste.

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Das Image des verschmitzten Verführers sollte Connery sein Leben lang anhaften, auch als er sich entschied, das künstliche Haarteil, das er bei allen Bond-Drehs getragen hatte, abzulegen und „oben ohne“ aufzutreten. So beispielsweise in der Verfilmung des Umberto-Eco-Romans „Der Name der Rose“, die 1986 ins Kino kam. Mit Kutte und Tonsur war Connery (als Franziskanermönch William von Baskerville) hier in einer der ernsthafteren Rollen zu sehen, die er in den späteren Jahren seiner Karriere suchte.

Miniskandal auf der Oscar-Bühne

1988 wurde Connery für die Rolle des Gangsterjägers Jimmy Malone in „The Untouchables – Die Unbestechlichen“ sogar mit seinem ersten und einzigen Oscar ausgezeichnet. Im Vorfeld hatte es Gerüchte um Handgreiflichkeiten zwischen Regisseur Brian de Palma und dem für seine Wutausbrüche berüchtigten Connery gegeben.

Über diese Gerüchte schien sich Connery am Oscar-Abend selbst lustig zu machen. Seine Dankesrede widmete er mit vielsagendem Lächeln „all seinen Freunden und den wenigen Feinden“. Wie dem auch sei, jedenfalls erhoben sich im Saal so gut wie alle zu Standing Ovations, die wohl weniger dem Nebendarsteller aus de Palmas Film als dem langjährigen Bond-Darsteller Connery galten.

Noch heute assoziieren wenige Menschen den Namen Connery mit Filmklassikern abseits der Bond-Serie. So wird gerne vergessen, dass er in den 1960ern nicht nur als 007 zu sehen war, sondern auch als Charakterdarsteller: Als aufsässiger Strafgefangener in Sidney Lumets Antikriegsfilm „The Hill“ („Ein Haufen toller Hunde“, 1965) oder als gewalttätiger Ehemann in Alfred Hitchco*cks Psychothriller „Marnie“ (1964). Filmpartnerin Tippi Hedren soll nach dem für sie nicht eben angenehmen „Marnie“-Dreh übrigens ihre Katze nach Connery benannt haben – ob als Hommage oder Stichelei, weiß nur Hedren selbst.

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Prügelvorwürfe von Ex-Frau

Frauen gegenüber soll sich Connery privat alles andere als korrekt verhalten haben. In einem Interview mit dem „Playboy“ sprach er sich 1965 sogar offen für Gewalt gegen Frauen aus: „An open-handed slap is justified. If a woman is a bitch, or hysterical, or bloody-minded continually, then I’d do it“ („Ein Schlag mit der flachen Hand ist in Ordnung. Wenn eine Frau eine Schlampe ist oder hysterisch oder durchgängig stur, dann würde ich es tun.“) Connerys erste Ehefrau, Diane Cilento, erhob in ihrer Autobiografie auch Prügelvorwürfe gegen ihren Ex-Mann, die dieser jedoch bis zuletzt bestritt.

Kämpfer für die schottische Unabhängigkeit

Solchen Vorwürfen zum Trotz erhob Queen Elizabeth II. Sean Connery am 5. Juli 2000 in den Ritterstand, was „Sir Connery“ nicht davon abhielt, sich weiter für die schottische Unabhängigkeit starkzumachen. Noch aus seiner Zeit bei der britischen Marine trug er ein Tattoo auf dem rechten Unterarm: Ein Herz durchbohrt von einem Schwert, darauf der Schriftzug „Scotland forever“. Im März 2003 verkündete der Patriot, dass er erst wieder schottischen Boden betreten werde, wenn das Land sich von England losgesagt habe.

Nach dem Dreh von „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ im Jahr 2003 erklärte Connery, in den Ruhestand zu treten. Seinen Lebensmittelpunkt hatte er zuvor bereits ins spanische Marbella verlegt, neben einen Golfplatz, wo er täglich seinem Lieblingssport nachging. Nach verschiedenen Auseinandersetzungen mit der örtlichen Presse zogen er und Ehefrau Micheline 1999 ein weiteres Mal um, diesmal ins Steuerparadies Bahamas. Viele schottische Landsleute nahmen ihm diesen Schachzug übel, auch wenn der milliardenschwere Connery beteuerte, daheim ordnungsgemäß Steuern zu zahlen.

In seinen letzten Lebensjahren wurden Connerys öffentliche Auftritte immer seltener: Zuletzt sichteten ihn Paparazzi bei den US-Tennis-Open 2017. Rührung und Freude standen dem 87-jährigen ins Gesicht geschrieben, als zu seinen Ehren das Bond-Thema im Stadion angespielt wurde. In New York ließ sich Connery mehrfach wegen verschiedener Krebsleiden behandeln.

„Die Welt wird ihn vermissen“

Connerys Tod rief weltweit Bestürzung hervor. „Ich werde ihn vermissen. Schottland wird ihn vermissen. Die Welt wird ihn vermissen“, sagte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. Er habe sich seit einer Weile nicht mehr gut gefühlt, erklärte sein Sohn Jason Connery. „Ein trauriger Tag für alle, die meinen Vater kannten und liebten, und Menschen in aller Welt, die seine wunderbare Gabe als Schauspieler genossen haben.“

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